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Leuchtende Nachtwolken 2024

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Leuchtende Nachtwolken in Mitteleuropa 2024

Mit 42 NLC-Nächten (Übersichtstabelle) lag 2024 wie alle Jahre seit 2017 weit über dem langjährigen Durchschnitt. Quantitativ gehörte die Saison sogar zu den besten, mit einem Anteil heller Displays von 24%. Demgegenüber stehen aber auch 17 Nächte (40%), in denen NLCs nur fotografisch oder allenfalls schwach visuell in Erscheinung traten oder ausschließlich an automatisch laufenden (Web)cams nachgewiesen werden konnten. Mit 61 Tagen (03.06. - 02.08.2024) erreichte die Saison den langjährigen Schnitt. OSWIN empfing an 9 Abenden späte oder sehr späte Echos aus der Mesosphäre. Diese konzentrierten sich genau wie die wirklich kräftigen Echos weitgehend auf die Kernsaison zwischen Mitte Juni und Mitte Juli. Der Anteil der Nächte, in denen NLCs südlich des 50. Breitengrades nachweisbar waren, betrug beachtliche 37%.

Während der Saison war keine der insgesamt 10 Pausen im NLC-Geschehen länger als 3 Nächte. Nach zwei unscheinbaren Displays brachte bereits die Nacht 06./07.06.2024 ausgesprochen bemerkenswerte, bis in den Alpenraum sichtbare Leuchtende Nachtwolken (Detaillierte Darstellung). Ab Beginn der zweiten Junidekade bis Ende der zweiten Julidekade traten immer wieder Leuchtende Nachtwolken der Helligkeitsstufen 4 und 5 in Erscheinung, so am 13./14.06.2024, am 17./18.06.2024, am 30.06./01.07.2024, am 06./07.07.2024, am 08./09.07.2024 (im Laufe der Nacht wurden mehrere (Teil-)felder beobachtet), am 16./17.07.2024 (traten als "Weiße Wand" über den Horizont) und am 18./19.07.2024. Höhepunkt der Saison war zweifelsohne das große Display am Abend des 28.06.2024, welches ebenso wie die etwas lichtschwächeren NLCs der Nacht 23./24.06.2024 in der D/A/CH-Region zu den am meisten beobachteten überhaupt zählt. Die vielleicht hellsten Leuchtenden Nachtwolken der Saison 2024, welche in ganz Europa zwischen 40˚N und 60˚N sichtbar waren, fielen am Morgen des 13.07.2024 im mitteleuropäischen Raum weitgehend der Bewölkung zum Opfer. Die letzte Saisonphase nach dem 20. Juli brachte neben einigen mittelhelle Displays in erster Linie sehr unscheinbare NLCs. Erwähnt seien noch die Nächte 15./16.06.2024 und 28./29.07.2024, in denen jeweils NLCs zusammen mit fotografischem Polarlicht auftraten.

Die meisten NLC-Nachweise (34) verbuchte auch in der Saison 2024 dank seines Überwachungssystems mit mehreren über Nacht laufenden Cams Olaf Squarra (Rostock). Andere Beobachter, welche auf Sichtungszahlen über 10 kamen, arbeiteten ebenfalls zumindest teilweise mit Kamera-Unterstützung (Thorsten Gaulke, Geseke; Jørgen K, Lübecke), setzten auf hohe Mobilität (Dennis Henning, Berlin; Simon Herbst, Leipzig), profitierten von ihrem nördlich gelegenen Wohnsitz (Jörg Kaufmann, Hemmingstedt) oder hatten viel Wetterglück (der Autor dieser Zeilen in Oberursel). Insgesamt erfolgten in 42 Nächten 638 Meldungen von NLCs durch menschliche Beobachter, teils, wie vorstehend erwähnt, mit Hilfe automatisch über Nacht laufender Kameras. Die mit Abstand meisten Nachweise kamen aus den Nächten 23./24.06.2024 (141), 28./29.06.2024 (110) und 08./09.07.2024 (52). Während genaue Angaben zu Helligkeit, Ausdehnung und Horizonthöhe fast ausschließlich im AKM-Forum und auf NLCNET von spezialisierten Beobachtern gegeben wurden, fanden sich gleichwohl insbesondere auf Facebook zahllose eindrucksvolle Fotos.
Öffentliche Webcams lieferten wie jeden Sommer wertvolle Daten über die südliche Sichtbarkeitsgrenze von NLC-Displays. In 29 der 42 Nächte kam der südlichste Nachweis von Webcams im Alpenraum, im Sauerland und anderen Mittelgebirgen oder sogar in Flensburg. Darunter waren 4 Nächte, in denen Leuchtende Nachtwolken ausschließlich durch solche eigentlich nicht zu ihrer Beobachtung vorgesehenen Geräte nachgewiesen wurden. In 4 weiteren Fällen brachten die automatisch über Nacht zur gezielten NLC-Erfassung laufenden Kameras von Jørgen K. in Lübbecke und von Olaf Squarra in Rostock den südlichsten Datenpunkt. Somit wurde in 79% der Nächte die Südgrenze der Sichtbarkeit durch automatische Kameras bestimmt. Betrachtet man nur die 16 Nächte, in denen NLCs südlich des 50. Breitengrades nachgewiesen wurden, so lieferten Webcams in allen 16 Fällen den südlichsten Datenpunkt.

Global gesehen war der NLC-Sommer 2024 recht durchschnittlich. Sichtungen südlich des 45. Breitengrades hatten Seltenheitswert (4 Nächte - 16./17.06., 28./29.06., 02./03.07. und 12./13.07.); südlich des 40. Breitengrads erfolgten gar keine. Mit 81 Tagen (davon 71 mit NLC-Nachweisen) fiel die weltweite Saison deutlich länger aus als die mitteleuropäische. Sowohl der Saisonbeginn (31.05.2024) als auch das Saisonende (19.08.2024) lagen im Bereich der langjährigen Mittelwerte.

- Erstes Echo an SOUSY: 22.05.24
- Erstes Echo an MAARSY: 23.05.24
- Erster Nachweis durch NOAA 21: 25.05.24
- Erstes Echo an OSWIN: 26.05.24
- Erster Nachweis am Boden: 31.05.24, 23:55 UT in Yorkshire/England, visuell durch Paul Mortz

- Letztes Echo an OSWIN: 13.08.2024
- Letzter Nachweis am Boden:19.08.2024, 23:30 UT (= 20.08., 01:30 Ortszeit) an einer Webcam in Porjus/Schweden
- Letztes Echo an SOUSY: 26.08.2024
- Letzter Nachweis durch NOAA 21: 27.08.2024
- Letztes Echo an MAARSY: 29.08.2024

Die obigen Daten sind sowohl vom Zeitpunkt als auch von der Abfolge her konsistent. Gleichwohl sei darauf hingewiesen, dass es vor dem "offiziellen" Saisonbeginn im Zeitraum 09. - 16.05.2024 einige ungewöhnliche Beobachtungen gab, welche schwer zu deuten sind:
Weder SOUSY noch NOAA 21 haben vor den o.g. Zeitpunkten Signale detektiert. MAARSY registrierte beginnend mit dem 09.05.2024 immer wieder kurze, aber für Mesosphärischen Winterechos (MWE) eher zu starke Signale aus der Höhenschicht um 85 km. Durch eine regelmäßige Kontrolle der MAARSY-Plots im Winter ließe sich ggf. herausfinden, ob solche Signale auch weit außerhalb der NLC-Saison auftreten oder nicht. Bemerkenswerter waren allerdings Echos an OSWIN am 12. und 13.05.2024, die alle Merkmale von Sommerechos zeigten und folglich auch als solche einzustufen sind. Es folgte eine letztlich ungeklärte Beobachtung von Simon Herbst am 16.05.2024. Danach gab es bis zum ersten unzweifelhaften SOUSY-Echo vom 22.05.2024 keine Auffälligkeiten mehr; alle vorgeblichen NLC-Sichtungen weltweit waren eindeutig Zirren oder Kontrasteffekte. Erwähnenswert ist jedoch noch das ungewöhnlich starke Sporadic E an MAARSY während des extremen geomagnetischen Sturms am 10./11.05.2024. Ob letzterer auch in irgendeinem Zusammenhang mit den völlig isolierten OSWIN-Echos am 12. und 13.05. stehen kann, ist zumindest eine bedenkenswerte Hypothese. Wie Beobachtungen vom 17. - 19.12.2024 in Sibirien eindrücklich belegen, sollten Off-Season-Beobachtungen von NLCs oder ungewöhnlichen Radarsignalen keineswegs voreilig zu den Akten gelegt werden.

Im AKM-Forum wurde wie gewohnt neben den Threads zu den einzelnen NLC-Nächten ein über die gesamte Saison aktives Thema zu den OSWIN-Echos und anderen Indikatoren der NLC-Aktivität eröffnet. Hier wurden auch internationale Meldungen und Webcam-Funde aus den in der D/A/CH-Region NLC-freien Nächten gepostet. Daneben gab es zu allen NLC-Nächten einen kurzen Rückblick mit (meist knappen) Analysen (in der Übersichtstabelle jeweils in der linken Spalte verlinkt). Auch zur vorangegangenen südlichen NLC-Saison 2023/24 gab es einen Thread. Ferner wurden - nicht nur im AKM-Forum - Verwechslungen von NLCs mit troposphärischem Gewölk, Kondensstreifen, Zirren vor (!) Sonnenuntergang und Kontrasteffekten diskutiert. Ein Thema war ferner die Sichtung von NLCs in einem Vorabendkrimi der ARD.
Im Laufe der Saison erschienen auf Youtube Foto-Tutorials aus Dänemark und Schweden, ein "Nightscape Journal" aus den Schottischen Highlands sowie eine Erläuterung, warum NLCs die (mehr als abstruse) Flat Earth-Theorie widerlegen.


Wie gewohnt dominierten auch 2024 vor allem auf Social Media-Plattformen wie Facebook oder Youtube Einzelaufnahmen und Zeitraffer von Leuchtenden Nachtwolken, wobei die Qualitätsansprüche sehr uneinheitlich ausfielen (Playlist auf Youtube). Erwähnenswert erscheinen uns - neben den beiden hier auf der Seite eingebetteten Beiträgen - z.B. Videos von Steve Brown, von Linda Davison, von Olaf Kerber sowie von Christian Roßberg. Aus der großen Zahl ansprechender bis beeindruckender Fotos seien Beispiele aus Dänemark, aus England, aus Deutschland und aus Litauen genannt.

   

Leuchtende Nachtwolken in der Nacht 06./07.06.2024

2024 brachte eine Saison, die nicht mit hellen Displays geizte. Herausragend war sicherlich die Nacht 28./29.06.2024 mit ihrem viel beobachteten großen Abenddisplay, welches durch zahlreiche Berichte und Fotos sowohl im AKM-Forum als auch in anderen Web-Medien hervorragend dokumentiert ist. Dagegen fanden die noch helleren NLCs am Morgen des 13.07.2024 in Folge des ungünstigen Timings und der bescheidenen Wetterbedingungen zumindest in der D/A/CH-Region nur sehr wenige Beobachter.

Eigene Aufnahme aus Oberursel-Oberstedten, 28.06.2024, 23:16 MESZ
Abb. 1: NLC-Display am 28.06.2024, 23:16 MESZ. Eigene Aufnahme aus Oberursel-Oberstedten. Weitere Fotos im AKM-Forum

Wie interessant auch lichtschwächere Displays sein können, belegen die NLCs der Nacht 06./07. Juni 2024.
OSWIN hatte am 06.06.2024 vom frühen Morgen bis gegen Mittag Echos empfangen, welche aus der NLC-Zone (82 - 84 km) in die Auflösungszone unterhalb 82 km absanken. Statistisch bestand somit eine Wahrscheinlichkeit von gut 60%, dass in der folgenden Nacht irgendwann irgendwo in der D/A/CH-Region Leuchtende Nachtwolken beobachtet werden könnten.

Aus der Nacht 06./07.06.2024 liegen rund ein Dutzend Nachweise durch menschliche Beobachter und von Webcams vor. Grundlage für die nachstehende Karte der Beobachtungsorte sind die im Tagesthread des AKM-Forums direkt geposteten und dort aus anderen Quellen kompilierten Sichtungsmeldungen.

NLC-Beobachtungen in der Nacht 06./07.06.2024
Abb. 2: NLC-Beobachtungen in der Nacht 06./07.06.2024. Diese Grafik steht auch als interaktive PDF-Datei zur Verfügung.

Obwohl vielerorts Bewölkung den Blick in die Mesosphäre verwehrte (Abb. 3), gelangen genügend Beobachtungen, um das Geschehen zu dokumentieren. Zunächst waren im Abendsektor an einer Webcam in Flensburg von 23:40 MESZ bis 01:00 MESZ NLCs mehr erahnbar als deutlich sichtbar. Um 00:00 MESZ lag die Südkante dieses Felds bei etwa 60˚N im Raum Oslo (rote Linie in Abb. 5).

Bewölkung über Mitteleuropa am am 07.06.2023 um 02:45 Uhr MESZ
Abb. 3: Bewölkung über Mitteleuropa am 07.06.2023 um 02:45 Uhr MESZ (Infrarot-Bild)
Quelle: Wetterzentrale.de, lizenziert unter CC BY-NC 4.0

Nach der kurzen Episode an der Flensburg-Kamera schien es so, als sei diese Nacht gelaufen, denn an den Webcams in der Nordhälfte Deutschlands tat sich nichts mehr. Dann jedoch wurden nach 3 Uhr völlig überraschend doch noch einmal Leuchtende Nachtwolken sichtbar. Zuerst bemerkt wurden sie gegen 03:10 MESZ von Matthias Fleischer in Freital (Sachsen); etwa 10 Minuten später registrierte sie Jørgen Ks automatisch laufende Kamera in Lübbecke (NRW). Eine Animation aus den Fotos dieses Geräts belegt, dass die NLCs nicht wie aus vielen NLC-Nächten gewohnt von Nordosten heranzogen, sondern über Mitteleuropa auskondensiert waren. Dies war der Grund, dass sie vorher an den Webcams im Norden Deutschlands nicht wahrgenommen werden konnten.
Wie überraschend, gleichsam aus dem Nichts, das NLC-Feld erschien, kann der Autor dieser Zeilen aus eigenem Erleben bestätigen. Ich hatte ohne Erfolg immer wieder die diversen Webcams kontrolliert und schließlich den Rechner heruntergefahren, als mir meine Gattin plötzlich ihr Handy mit einem NLC-Foto (Abb. 4) vor die Nase hielt. Auf meine Frage, von wann das denn sei, meinte sie: "Gerade jetzt, am Schlafzimmerfenster". Ich muss wohl ziemlich entgeistert dreingeblickt haben, bin aber dann zum Fenster geeilt - und da hing ein recht beachtliches NLC-Feld. Zu dem Zeitpunkt hatte die Staukante (s. unten) durchaus eine Helligkeit von 3. In der Folge ließ das Display deutlich nach und verblasste ziemlich rasch in der Dämmerung.

Aufnahme aus Oberursel, 07.06.2024, 03:53 MESZ
Abb. 4: Aufnahme aus Oberursel, 07.06.2024, 03:53 MESZ.

Auffälligstes Merkmal des frisch auskondensierten NLC-Felds war die zeitweise recht helle Staukante, welche jenes nach Süden begrenzte (Foto aus Swistal). Die Vermessung von Fotos aus dem flämischen Dixmuide, aus Lübbecke, aus Oberursel und aus Freital zeigt, dass sich die Staukante vom Süden Polens bis zur mittleren Nordsee erstreckte (Abb. 5). Bilder aus England (Bedford und Stonehenge) belegen, dass sie sich wohl noch weiter nach Westen fortsetzte. Dagegen verlor sie sich nach Osten hin (Fotos aus Tschechien und Ungarn) in einem strukturierten NLC-Feld, welches bereits im Osten Deutschlands auf den Freitaler Fotos sichtbar war, dort aber noch nördlich der durchgehenden Staukante. Angesichts ihrer Lage ist es wenig verwunderlich, dass sie - sofern es die Bewölkungsverhältnisse zuließen - bis in den südlichen Alpenraum nachweisbar war. Die Ausbildung der Staukante, deren Position ab Sichtbarkeitsbeginn bis zum Verblassen in der Morgendämmerung sich sowohl nach unseren eigenen Beobachtungen in Oberursel als auch gemäß eines Zeitraffers von Carl Herzog aus Idstein als stabil erwies, kann dadurch erklärt werden, dass zwei in unterschiedliche Richtungen weisenden Höhenwind-Felder aufeinander stießen.

Lage der Südgrenzen der in der Nacht 06./07.06.2024 beobachteten NLCs.
Abb. 5: Lage der Südgrenzen der in der Nacht (06./07.06.2024) beobachteten NLCs (Beobachtungsort = Dixmuide). Weitere Erläuterungen im Text.

OSWIN empfing am Morgen des 07.06.2024 ab etwa 5 Uhr MESZ (also fast unmittelbar im Anschluss an die morgendlichen NLC-Sichtungen) für etwa 3 Stunden Echos, welche in der Endphase aus der NLC-Zone in die Auflösungszone absanken.