Leuchtende Nachtwolken 1995 |
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Leuchtende Nachtwolken in der D/A/CH-Region 1995
Das Beobachtungsprogramm unter Ägide des AKM machte im Jahr 1995 weitere Fortschritte; gemäß einer Aufstellung von Jürgen Rendtel nahmen 20 Personen teil, von denen 17 mindestens einmal erfolgreich waren. Insgesamt sind 59 Meldungen von Leuchtenden Nachtwolken bekannt geworden, was einem Schnitt von 1.9 Beobachtungen pro NLC-Nacht entspricht. Das Gros der Sichtungen kam erneut von Jürgen Rendtel aus Potsdam, der in 24 Nächten Leuchtende Nachtwolken notierte. Seinem unermüdlichen Einsatz ist es daher in erster Linie zu verdanken, dass 1995 in 31 Nächten NLCs aus Deutschland gemeldet wurden (Übersichtstabelle der Saison 1995). In den meisten Fällen handelte es sich um lichtschwache Displays (Helligkeit 1 oder 2); in den Nächten 08./09.06. und 08./09.07.1995 wurde immerhin eine Helligkeit 3 erreicht. Umso herausragender war ein "Outbreak" von NLCs im Zeitraum 28.06. - 02.07.1995, als zweimal die Helligkeit 4 erreicht und zum ersten Mal überhaupt Leuchtende Nachtwolken von Österreich aus nachgewiesen wurden (Ausführlicher Rückblick). Mit insgesamt 20 Beobachtungen aus 4 Nächten waren dies im deutschsprachigen Raum zum damaligen Zeitpunkt die am besten dokumentierten NLC-Displays. Abb. 1: NLC-Beobachtungen in Mitteleuropa 1995
Leuchtende Nachtwolken vom 28.06. - 02.07.1995"Um etwa 0230 Uhr, die Dämmerung war schon wieder weit fortgeschritten und ein Arbeitstag stand bevor (einige Stunden Schlaf sollten es ja doch noch werden), wollte ich diese durchwachte Nacht mit einem letzten Blick zum heller werdenden Horizont abschließen. Die Überraschung war groß, als sich genau im Norden eine helle wolkenförmige Struktur abzuzeichnen begann. Im Feldstecher erkannte ich die typischen Formen einer Leuchtenden Nachtwolke (NLC): Bandförmige Streifen und wellenförmige Muster! "Meine" erste NLC, möglicherweise an der Südküste der Ostsee in über 500 km Entfernung! Die Helligkeit und die Ausdehnung der Erscheinung nahm in den folgenden 30 Minuten stark zu und wurde zu einem unvergesslichen Erlebnis." Karl Kaiser Wie bereits weiter oben erwähnt, fiel in die Zeit vom 28.06. - 02.07.1995 ein "Outbreak" von NLCs, welcher für die damalige Zeit als sehr gut dokumentiert gelten kann. Die letzten beiden der 4 aufeinander folgenden NLC-Nächte fielen auf das Wochenende, was wohl ebenso wie die durchgehend guten Wetterbedingungen zum Beobachtungserfolg beitrug.
Dank der Aufstellung von Jürgen Rendtel lassen sich die Positionen der NLCs in den einzelnen Nächten rekonstruieren (Abb. 2 -5). In allen 4 Fällen reichten die NLC-Felder von Südschweden über die Ostsee bis nach Deutschland, wo sie zwischen 52˚ und 53˚ ihre Südbegrenzung fanden. Generell ist zu beachten, dass die Meldungen sich zumeist auf die maximale azimutale Ausdehnung und die Höhe der Displays beziehen. Die Abbildungen geben daher im Wesentlichen nur die Oberkanten und somit die für den jeweiligen Beobachter maximal sichtbare Südausdehnung der NLCs wieder. Daraus ergibt sich, dass der tatsächlich von ihnen überdeckte Bereich noch wesentlich größer gewesen sein dürfte. Deutlich wird das an den beiden sehr weit westlich bzw. nördlich liegenden Punkten in Abb. 4. Diese gehen auf die Höhenangabe 0 - 7 Grad von Sirko Molau aus Chemnitz zurück. Bei optimalen Bedingungen mögen NLCs vereinzelt bis zum Horizont sichtbar sein; zumeist versinken sie aber spätestens in etwa 1 Grad Höhe im Dunst. Aber selbst dann wäre die Ausdehnung des Feldes weitaus größer gewesen, als es die übrigen Angaben aus dieser Nacht (30.06./01.07.1995) vermuten lassen. Abb. 2: Positionsrekonstruktion der in der Nacht 28./29.06.1995 in Mitteleuropa beobachteten NLCs. Der eingezeichnete Beobachtungsort ist Potsdam.
Abb. 3: Positionsrekonstruktion der in der Nacht 29./30.06.1995 in Mitteleuropa beobachteten NLCs. Der eingezeichnete Beobachtungsort ist Potsdam.
Abb. 4: Positionsrekonstruktion der in der Nacht 30.06./01.07.1995 in Mitteleuropa beobachteten NLCs. Der eingezeichnete Beobachtungsort ist Potsdam.
Abb. 5: Positionsrekonstruktion der in der Nacht 01./02.07.1995 in Mitteleuropa beobachteten NLCs. Der eingezeichnete Beobachtungsort ist Potsdam.
Der NLC-Ausbruch ist nicht nur durch die Online-Übersicht von Jürgen Rendtel, sondern auch durch mehrere Publikationen (Anonymus 1995, Kaiser 1995a & b, Molau 1995, Röttler 1995) sowie einige online verfügbare Fotos gut dokumentiert: Besondere Bedeutung gewann der Morgen des 30.06.1995, da er - fast genau 110 Jahre nach der Entdeckung der Leuchtenden Nachtwolken - den ersten Nachweis aus Österreich brachte. Karl Kaiser sichtete sie eher zufällig beim (erfolgreichen) Versuch, die Mitternachtsdämmerung vom Moldaublick aus nachzuweisen (Bericht, Fotos). Zuvor hatten bereits andere mehr oder weniger systematisch und stets vergeblich in Österreich nach NLCs Ausschau gehalten. Soweit bekannt hat es vor 1995 in Mitteleuropa lediglich einmal eine südlichere Beobachtung von NLCs gegeben, nämlich am 04./05.07.1981 bei Basel. Dies dürfte vor allem an der bis Mitte der 1990er-Jahre extrem geringen Beobachterdichte gelegen haben, könnte aber auch ein Indiz dafür sein, dass NLCs noch vor einigen Jahrzehnten nur selten deutlich unterhalb des 50. Breitengrades auftraten. Literatur
Anonymus (1995): NLC-Farbbeilage. Mitteilungen des Arbeitskreises Meteore 11/1995. |
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