Leuchtende Nachtwolken 1997 |
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Leuchtende Nachtwolken in Mitteleuropa 1997
Das vom AKM betriebene Beobachtungsprogramm machte im Jahr 1997 noch einmal einen großen Schritt nach vorne; gemäß einer Aufstellung von Jürgen Rendtel nahmen 32 Personen teil, von denen 30 mindestens einmal erfolgreich waren. Insgesamt sind 113 Meldungen von Leuchtenden Nachtwolken bekannt geworden, was einem Schnitt von 3.4 Beobachtungen pro NLC-Nacht entspricht; beide Werte sollten erst 2002 (Quote) bzw. 2005 (Anzahl Beobachtungen) übertroffen werde. Die meisten Sichtungen kamen 1997 erstmals nicht von Jürgen Rendtel (10 NLC-Nächte) aus Potsdam, sondern von Richard Löwenherz, welcher in Klettwitz in 12 Nächten Leuchtende Nachtwolken notierte. Sehr erfolgreich waren auch Heino Bardenhagen (Helvesiek, 9 Nächte), Uwe Freitag (Lübeck, 8 Nächte) und Rüdiger Buggenthien (ebenfalls Lübeck, 6 Nächte). Mit 33 NLC-Nächten gehörte 1997 (Übersichtstabelle) zu den besten Saisons in Mitteleuropa, zumal in 7 Nächten Helligkeiten von 4 (09./10.06., 15./16.06., 22./23.06., 28./29.06., 09./10.07.) oder 5 (21./22.06., 08./09.07.) gemeldet wurden. Am besten dokumentiert wurden der 09./10.06., der 22./23.06. (je 12 Meldungen) und der 08./09.07. (16 Meldungen). Höhepunkte der Saison waren zwei "Outbreaks" zwischen dem 21./22. und 25./26.06.1997 sowie zwischen dem 08./09. und 12./13.07.1997. Mit 24 bzw. 39 Meldungen waren sie zum damaligen Zeitpunkt die am besten dokumentierten NLC-Events. Besonders eindrucksvoll war wohl die erste Nacht des zweiten Outbreaks, dem daher ein ausführlicher Rückblick gewidmet ist.
Der Begriff "Outbreak" für Zeitabschnitte, in denen in mehreren Nächten nacheinander z.T. auffällige NLCs auftreten, wurde offenbar erstmals von dem Astronomie-Journalisten Daniel Fischer während der Saison 2009 benutzt, ohne jenen näher zu definieren. Als "Outbreak" seien daher im Kontext dieses Webportals Phasen bezeichnet, in denen in mindestens 3 aufeinanderfolgenden Nächten NLCs beobachtet werden und in denen mindestens 2 Nächte helle oder sehr helle Displays (Helligkeit 4 oder 5) bringen.
Die NLC-Saison 1997 war mit 78 Tagen eine der längsten in Mitteleuropa. Sie begann früh (25./26.05.) und entwickelte sich ab der Nacht 31.05./01.06. sehr intensiv. So wurden in 9 von 10 Nächten der 3. Junidekade NLCs gesichtet. Bis zum 12./13.07.1997 gab es nur einmal eine Serie von 3 Nächten ohne Beobachtungen. Danach folgte erstaunlicherweise eine lange Durststrecke bis zum 29./30.07., wonach die Saison mit zwei weiteren Displays in der ersten Augustdekade ausklang. Die auffällige Lücke in der zweiten Julihälfte könnte mit ungünstigen Witterungsbedingungen (Hinweis bei Kaiser 1998) zu tun haben. Doch auch in West- und Nordeuropa erfolgten in diesem Zeitraum nur wenige Sichtungen.
Die gesamte Saison ist in einer Aufstellung von Jürgen Rendtel mustergültig dokumentiert; lediglich die Nächte 25./26.05.1997 und 04./05.06.1997 haben wir aus anderen Quellen ergänzt (Tom McEwan, Mario Lehwald).
Hinsichtlich der auch weltweit ersten Beobachtung der Saison durch Ralf Kuschnik in Braunschweig ist die Datenlage etwas widersprüchlich. Sie wurde zunächst in den aktuellen Übersichten von Rendtel (1997a) und McEwan aufgeführt, später dann auch bei Gavine (2000). Andererseits fehlt sie in der Saisonzusammenfassung von Rendtel (1998), welche unverändert auch online zu finden ist. Ob es sich nur um einen Übertragungsfehler bei der Zusammenstellung der Saisonbilanz handelt oder ob es sich um eine nachträgliche Einstufung als Fehlmeldung handelt, ist unklar. Da Ralf Kuschnik damals einer der (wenigen) erfahrenen Beobachter war, haben wir die Meldung hier einstweilen als tatsächliche NLC-Beobachtung gewertet.
Jürgen Rendtel (1997c) gab 1997 eine Übersicht wissenschaftlicher Publikationen aus den Jahren 1996 und 1997. Um diese Zeit wurde immer klarer, das Leuchtende Nachtwolken und Polare Mesosphärische Sommerechos zwei Seiten einer Medaille sind.
Abb. 1: NLC-Beobachtungen in Mitteleuropa 1997
Leuchtende Nachtwolken vom 08.07. - 13.07.1997
Wie bereits weiter oben erwähnt, fiel in die Zeit vom 08.07. - 13.07.1997 ein "Outbreak" von NLCs, welcher für die damalige Zeit als hervorragend dokumentiert gelten kann. Dazu dürften die gemäß Bildern der NOAA-Satelliten vor allem in der Nordhälfte Deutschlands durchweg guten Wetterbedingungen wesentlich beigetragen haben.
Dank der Aufstellung von Jürgen Rendtel lassen sich die Positionen der Leuchtenden Nachtwolken in den einzelnen Nächten rekonstruieren. In der ersten Nacht, als die hellsten Displays registriert wurden, reichten die NLC-Felder von Südskandinavien über die Nord- und Ostsee bis in die Mitte Deutschlands, wo sie bei etwa 51° N ihre Südbegrenzung fanden (Abb. 2). In der Folgenacht (Abb. 3) hatte sich der Schwerpunkt deutlich nach Norden und Osten verlagert. Die 4 Punkte über der Nordsee gehen auf die am weitesten westlich positionierten Beobachter in Helvesiek und Düsseldorf zurück. Ob es sich hier um ein separates NLC-Feld oder die westliche Fortsetzung des östlichen Feldes handelte, muss offen bleiben. In der dritten Nacht befanden sich die NLCs wieder fast im gleichen Bereich wie in der ersten Nacht des Outbreaks, wobei die Datengrundlage allerdings viel dünner ist. Letzteres gilt auch für die beiden letzten Nächte, in denen sich die Leuchtenden Nachtwolken jenseits des 55. Breitengrades zurückgezogen hatten. Generell ist zu beachten, dass die Angaben sich ausschließlich auf die maximale azimutale Ausdehnung und die Höhe der Displays beziehen. Die Abbildungen geben daher nur die Oberkanten und somit die für den jeweiligen Beobachter maximal sichtbare Südausdehnung der NLCs wieder. Daraus ergibt sich, dass der tatsächlich von ihnen überdeckte Bereich wesentlich größer gewesen sein dürfte. Bemerkenswert an der ganzen Episode ist, dass die NLCs in allen 5 Nächten sowohl vor als auch nach der astronomischen Mitternacht auftraten (am Morgen des 12.07. allerdings nur knapp). Vergleiche der Azimut- und Höhenangaben der einzelnen Beobachter für die Abend- und Morgenstunden zeigen nur marginale Unterschiede. Diese von Nacht zu Nacht recht beständige Lage der NLC-Felder bis anfangs weit nach Süden lässt sich auf zweierlei Weise erklären. Zum einen könnte es sich um eine Phase mit durchgehend extremer Abkühlung der Mesosphäre und somit autochthoner NLC-Entstehung über Mitteleuropa gehandelt haben. Zum anderen ist auch eine über mehrere Tage hinweg anhaltende starke Südströmung in der Mesopause-Region denkbar, welche immer wieder kalte Luft und somit allochthon entstandene NLCs von Norden heranführte. Hinsichtlich der registrierten Helligkeiten besitzen die Angaben zu den einzelnen Beobachtungsperioden eine beträchtliche Spannbreite. Helligkeiten von 4 und 5 wurden jedoch nur in den ersten beiden Nächten angegeben, aus denen auch 24 der insgesamt 34 Beobachtungen kamen. Nach einer schwächeren Nacht wurde in den letzten 4 Perioden wieder 3 erreicht. 08.07.1997, Abend: 1 - 4 09.07.1997, Morgen: 2 - 5 09.07.1997, Abend: 1 - 4 10.07.1997, Morgen: 2 - 4 10.07.1997, Abend: 1 - 2 11.07.1997, Morgen: 1 - 2 11.07.1997, Abend: 1 - 3 12.07.1997, Morgen: 2 - 3 12.07.1997, Abend: 2 - 3 13.07.1997, Morgen: 3 Abb. 2: Positionsrekonstruktion der in der Nacht 08./09.07.1997 in Mitteleuropa beobachteten NLCs.
Der eingezeichnete Beobachtungsort ist Schlägl (Österreich). Abb. 3: Positionsrekonstruktion der in der Nacht 09./10.07.1997 in Mitteleuropa beobachteten NLCs.
Der eingezeichnete Beobachtungsort ist Düsseldorf. Abb. 4: Positionsrekonstruktion der in der Nacht 10./11.07.1997 in Mitteleuropa beobachteten NLCs.
Der eingezeichnete Beobachtungsort ist Chemnitz. Abb. 5: Positionsrekonstruktion der in der Nacht 11./12.07.1997 in Mitteleuropa beobachteten NLCs.
Der eingezeichnete Beobachtungsort ist Braunschweig. Abb. 6: Positionsrekonstruktion der in der Nacht 12./13.07.1997 in Mitteleuropa beobachteten NLCs.
Der eingezeichnete Beobachtungsort ist Chemnitz.
Der NLC-Ausbruch ist nicht nur durch die Übersicht von Jürgen Rendtel, sondern auch durch einige online verfügbare Fotos dokumentiert:
- 08.07.1997, Abend: Olaf Squarra - 08.07.1997, Abend: Karl Kaiser - 11.07.1997, Abend: Mario Lehwald
Literatur |