Leuchtende Nachtwolken 2016 |
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Leuchtende Nachtwolken in Mitteleuropa 2016
Mit 30 NLC-Nächten (Übersichtstabelle) zählte 2016 in Mitteleuropa im langjährigen Vergleich quantitativ
zu den besseren Jahren. 10 Displays, welche eine Helligkeit der Stufen 4 oder 5 erreichten und alle mindestens bis 51°N und z.t. sogar bis in den Alpenraum sichtbar waren, machten 2016 - neben 1997 und 2009 - qualitativ zur besten Saison seit Beginn der "modernen" Beobachtungen im Jahr 1991. Mit 68 Tagen (08.06. - 14.08.2016) war die Saison trotz späten Beginns überdurchschittlich lang; sie brachte am Morgen des 14. August die zweitspäteste NLC-Beobachtung seit 1991. Im Kontrast zu den 10 Nächten mit hellen NLCs stehen 13 Nächte, in denen die Leuchtende Nachtwolken nur an automatischen Webcams detektiert, (z.T. erst nachträglich) auf Fotos gefunden wurden oder aber nur schwach visuell (Helligkeit 1) in Erscheinung traten. Dementsprechend waren die Helligkeiten 2 und 3 lediglich in 7 Nächten zu verzeichnen, sodass sich insgesamt eine etwas ungewöhnliche Helligkeitsverteilung ergibt. Zwischen dem 16./17.06.2016 und dem 22./23.07.2016 vergingen nur wenige Nächte ohne NLC-Beobachtungen, während davor und danach lediglich 2 bzw. 3 zeitlich recht isolierte Displays verzeichnet wurden. Die meisten NLC-Nachweise (24) konnte in der Saison 201 erneut Olaf Squarra (Rostock) verbuchen, noch vor den automatischen Webcams des IAP in Warnemünde (17 Nachweise), Kühlungsborn (16) und Greifswald (12), gefolgt von Astrid Beyer (Körbelitz) mit 10 Sichtungen. Insgesamt lieferten 168 Beobachter (inkl. diverser Webcams) in 30 Nächten 404 Meldungen von NLCs, wovon 18% (71) auf die Nacht 18./19.07.2016 entfielen. Dies entspricht einem Schnitt von 13,5 erfolgreichen Beobachtern pro NLC-Nacht. Nimmt man den vorgenannten Sonderfall heraus, so sind es immerhin noch 11,5 pro Nacht.
Global gesehen war die NLC-Saison 2016 erneut außerordentlich lang, wie nachstehende Aufstellung belegt.
Im AKM-Forum wurde - wie in den Vorjahren - neben den obligatorischen Threads zu den einzelnen NLC-Nächten ein über die gesamte Saison aktives Thema zu den OSWIN-Echos und anderen Indikatoren der NLC-Aktivität eröffnet. Daneben gab es zu jeder NLC-Nacht einen mehr oder weniger ausführlichen Rückblick mit kurzen Analysen (in der Übersichtstabelle jeweils in der linken Spalte verlinkt). Die Verwechslung von Zirren mit NLCs spielte auch 2016 wieder eine Rolle, allerdings kamen die fraglichen Beobachtungen diesmal nicht aus Mitteleuropa, sondern - schon vor Saisonbeginn - aus Finnland und Schottland. Auf Facebook wurde im Juni ein Video veröffentlicht, welches die Verwechslungsproblematik noch einmal darlegte.
Was sich bereits in den beiden Vorjahren angedeutet hatte, war 2016 nicht mehr zu übersehen: Die zahlreichen Webcams im Alpenraum - obwohl natürlich nicht dafür aufgestellt - eignen sich ganz hervorragend zur Beobachtung von NLCs und haben diese in mehrfacher Hinsicht vorangebracht:
Auch 2016 erschienen auf diversen Plattformen zahlreiche Filme - zumeist Zeitraffer aus Reihenaufnahmen - von Leuchtenden Nachtwolken, deren Qualität wie üblich sehr durchwachsen war (Playlist auf Youtube).
Hervorzuheben sind neben dem weiter oben eingebetteten Video Zeitraffer von Tim Viers (Kanada), Miska Saarikko (Schweden), Aleksandr Danilov (Russland), Gordon Mackie (Schottland), Alan Dyer (Kanada), Thomas Schwarzbach (Kiel), René Pelzer (Eschweiler) und Thomas Schwarzbach (Kiel) sowie ein polnischer Beitrag, welcher NLCs über einem heftig blitzenden Gewitter zeigt.
Die Zahl qualitativ ansprechender Fotos war kaum überschaubar; bereits die erste große NLC-Nacht im UK am 02./03.06.2016 brachte eine gute Ausbeute. Im weiteren Verlauf der Saison kamen besonders stimmungsvolle Bilder z.B. aus Estland und Finnland. Auch in den Medien waren die NLCs hier und da ein Thema, z.B. beim Deutschlandfunk, beim Spiegel oder bei der BBC. Die NASA veröffentlichte wie jedes Jahr eine aktualisierte Version ihres NLC-Videos - unverständlicherweise allerdings erst nach Saisonende am 16.08.2016. Zeitlich passender (04.07.2016) brachte Liam Dutton ein nettes Lehrvideo zum Thema heraus.Abb. 1: NLC-Beobachtungen in Mitteleuropa 2016. Die wichtigsten Beobachtungsorte sind namentlich gekennzeichnet.
Leuchtende Nachtwolken in der Nacht 05./06.07.2016 Abb. 2: Eigene Aufnahme vom Bonner Rheinufer, 05.07.2016, 23:35 MESZ.
Abb. 3: Eigene Aufnahme vom Bonner Rheinufer, 06.07.2016, 04:04 MESZ.
Für die nachstehende Karte der Beobachtungsorte wurden 57 Sichtungsmeldungen aus folgenden Quellen berücksichtigt:
Abb. 4: NLC-Beobachtungen in Mitteleuropa in der Nacht 05./06.07.2016.
Deutlich erkennbar ist der sehr geringe Anteil an Beobachtungen im nördlichen Deutschland - dort war es während der gesamten Nacht fast durchweg bewölkt (s. Abb. 5, 6). Alle Schätzungen der Helligkeit mit "5" stammen vom Morgen aus dem Westen Deutschlands. Im Osten, wo es am Abend zahlreiche Sichtungen gegeben hatte, hatte sich der Himmel zwischenzeitlich zugezogen. Offenbar war das Morgendisplay aber generell etwas heller als das Abenddisplay. Abb. 5: Wolkenverteilung über Deutschland am 05.07.2016 um 23 MESZ. (Quelle: Wetteronline)
Abb. 6: Wolkenverteilung über Deutschland am 06.07.2016 um 03 MESZ. (Quelle: Wetteronline)
Einige Beobachter haben sowohl die Horizonthöhe als auch den Azimut der Displays angegeben, sodass genügend Daten zur Rekonstruktion der Positionen zur Verfügung stehen. Für die unten stehenden Diagramme (Abb. 7, 8) wurden nachstehende Angaben verwendet, welche alle einem Thread im AKM-Forum entnommen wurden.
ABEND
MORGEN Abb. 7: Ungefähre Position der beobachteten NLCs am Abend des 05.07.2016. Die runden Punkte stellen die Positionsrekonstruktion von Alexander Haußmann dar. Beobachtungsort = Schlägl/AT.
Abb. 8: Ungefähre Position der beobachteten NLCs am Morgen des 06.07.2016. Die runden Punkte markieren die von Peter Kuklok auf Grundlage eines Fotos aus Wancourt (Frankreich) rekonstruierte südliche Begrenzung gegen 04:12 MESZ. Die Quadrate entsprechen der maximalen Ausdehnung des Displays gegen 04:40 MESZ. Beobachtungsort = Frankfurt.
Die abendlichen Beobachtungen (Abb. 7) zeigen ein ausgedehntes NLC-Feld, welches sich von den Niederlanden über die Nordhälfte Deutschlands bis in die Mitte Polens erstreckt. Gegen Morgen hat es sich um etwa 200 Kilometer nach Südwesten verlagert, sodass es nun im Süden von NRW bis zu 20 Grad über den Zenit reicht. Noch gegen 04:12 MESZ befand sich der Südrand, wie die Positionsrekonstruktion von Peter Kuklok zeigt, deutlich weiter nördlich. Dies war jedoch nur eine scheinbare, durch den Erdschatten bedingte Begrenzung. Gegen 04:40 MESZ wurde dann der tatsächliche Südrand des Feldes sichtbar, welcher sich zwischen Bonn und Frankfurt erstreckte. Dass es sich hier um eine echte Begrenzung handelte, wird dadurch belegt, dass die NLCs sich in Frankfurt nicht mehr als 55 Grad über den Nordhorizont erhoben. Aus dem Westen Deutschlands ist die Entwicklung des großartigen morgendlichen Displays durch mehrere Zeitraffer und Fotostrecken hervorragend dokumentiert (Bonn, Eschweiler, Königswinter, Swisttal). Insgesamt besteht kein Zweifel, dass während der gesamten Nacht ein und dasselbe langlebige NLC-Feld beobachtet wurde. Wahrscheinlich hatte sich dieses bereits am Morgen des 05.07.2016 gebildet, als NLCs im Osten Deutschlands bis zum 51. Breitengrad reichten. Unmittelbar danach wurden an OSWIN Echos sichtbar, welche sich bis gegen 21:30 MESZ hielten (Abb. 9). Etwa eine halbe Stunde später wurden von Heiko Ulbricht auf dem Landberg in Sachsen sowie an einer Webcam in Regensburg die ersten NLCs der Nacht 05./06.07.2016 registriert. An die letzte Beobachtung (05:00 MESZ in Bonn) schlossen sich nahtlos weitere OSWIN-Echos an, die aber nicht lange anhielten. Da in der Folgenacht in Mitteleuropa keine NLCs beobachtet wurden, liegt die Vermutung nahe, dass sich das Feld im Laufe des 06.07.2016 auflöste. Aus den visuellen und radartechnischen Beobachtungen ergibt sich also eine Mindest-Lebensdauer des Feldes vom 05.07.2016, 03:15 MESZ bis zum 06.07.2016, 06:30 MESZ - rund 27 Stunden. Da das Juliusradar für diesen Zeitraum keine signifikanten südgerichteten Höhenwinde anzeigte, dürfte es sich nicht um eine Heranführung von Kaltluft aus dem Norden, sondern um eine autochthone Abkühlung der Mesopause-Region über Mitteleuropa gehandelt haben. Diese hatte im Grunde bereits mit den knapp nördlich von Deutschland stehenden NLCs in den Nächten 02./03.07.16, 03./04.07.16 und am Abend des 04.07.2016 eingesetzt und einen typischen "Outbreak" von NLCs hervorgebracht. Der Begriff "Outbreak" für Zeitabschnitte, in denen in mehreren Nächten nacheinander z.T. auffällige NLCs auftreten, wurde offenbar erstmals von dem Astronomie-Journalisten Daniel Fischer während der Saison 2009 benutzt, ohne jenen näher zu definieren. Als "Outbreak" seien daher im Kontext dieses Webportals Phasen bezeichnet, in denen in mindestens 3 aufeinanderfolgenden Nächten NLCs beobachtet werden und in denen mindestens 2 Nächte helle oder sehr helle Displays (Helligkeit 4 oder 5) bringen.
Abb. 9: OSWIN-Echos und NLC-Beobachtungen am 05. und 06.07.2016. (Quelle der Radardaten: IAP)
Leuchtenden Nachtwolken wurden in der gleichen Nacht in weiten Teilen Europas beobachtet. Hier einige Links zu Zeitraffer aus verschiedenen Ländern:
Abschließend noch ein paar weitere Links zu diesem Event |